Was sind Autorentools?

Ein Autorentool ist recht allgemein betrachtet ein Programm bzw. Software, die Personen bei der Schaffung von digitalen Inhalten unterstützt.

Christian Schmidt
07
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May
2021

Die Art der digitalen Inhalte reicht hierbei von kurzen Texten in Office-Anwendungen, über Video-Vorträge bis hin zu multimedialen Online-Kursen oder auch integrierten Entwicklungsumgebungen für mobile Anwendungen.

Autorentools werden im Kontext digitaler Lernprozesse häufig auch Content Authoring-Tools oder E-Learning Authoring-Tools genannt. In diesem Artikel werden Autorentools und deren Einsatz ausschließlich im Kontext von digitalen Lernangeboten betrachtet. Die konkreten Einsatzgebiete der unterschiedlichen Autorentools sind ähnlich breitgefächert wie der Überbegriff „E-Learning“ selbst.

Bei dem Vorhaben einen Überblick über die Vielzahl an verfügbaren Autorentools zu gewinnen, hilft es sich die zwei folgenden Fragen zu stellen:

  1. Was ist die Hauptfunktion des jeweiligen Autorentools?
  2. Wie sieht das daraus resultierende Lernerlebnis aus?


Die Hauptfunktion eines Autorentools

Hinsichtlich der Hauptfunktion eines Autorentools wurde ursprünglich in erster Linie zwischen der Erstellung von digitalen Lerninhalten und deren Verwaltung unterschieden. Ein Programm, das vor allem zur Erstellung von digitalen Lerninhalten eingesetzt wird, wird herkömmlicherweise als E-Learning Authoring-Tool oder Content Authoring-Tool bezeichnet.


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Software die überwiegend der Bereitstellung der digitalen Lerninhalte in Online-Kursen sowie der Organisation und Verwaltung der Kurse selbst dient, wird als Learning Management System (LMS) bezeichnet.

Während das klassische Autorentool also ausschließlich der Erstellung der Lernmaterialien dient, übernimmt das klassische LMS zusätzlich zur Bereitstellung der Lernmaterialien eine Reihe weiterer Funktionen. Hierzu zählen beispielsweise die Einschreibung von Lernenden in Kurse, die Nachverfolgung deren Lernfortschritts, die Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden oder auch deren Austausch untereinander.

Diese Unterscheidung lässt sich bei einigen modernen Learning Management Systemen beziehungsweise integrierten Lernplattformen häufig nicht mehr trennscharf treffen. Viele LMS umfassen mittlerweile, zusätzlich zu ihrem organisatorischen und verwalterischen Funktionsumfang, auch Funktionen zur Erstellung von digitalen Lerninhalten und werden so zunehmend auch zu Autorentools.


Das geschaffene Lernerlebnis

Bei der Auswahl eines geeigneten Autorentools ist es zu Beginn sehr hilfreich, eine konkrete Vorstellung davon zu gewinnen, wie das finale Lernerlebnis aus den Augen der Lernenden aussehen kann und anhand dessen die verfügbaren Werkzeuge voneinander zu unterscheiden.

Als erster Schritt bietet es sich hierbei an, einen differenzierten Blick auf die bevorzugte Präsentationsform der verschiedenen Autorentools zu werfen. So wird deutlich, welche Art von digitalen Lerninhalten innerhalb des Systems geschaffen, eingebettet und präsentiert werden kann.


Folienbasierte Autorentools

Die erste weitverbreitete Generation von E-Learning Authoring-Tools zeigt einen starken Fokus auf das Hauptpräsentationsmedium Folie und ist in ihrem Aufbau stark an Präsentationssoftware wie PowerPoint oder Keynote angelehnt. Die Software ermöglicht es Folien mit Texten, Bildern, Videos, Audios und interaktiven Elementen, wie Schiebereglern oder Quizzes anzureichern.

Bekannte Vertreter dieser weitverbreiteten Art von Autorensoftware sind beispielsweise iSpring Suite, Adobe Presenter, Lectora Online, dominKnow One, youknow, eAuthor eVolution und Articulate Storyline 360.


Videobasierte Autorentools

Aufgrund der großen Verbreitung und Beliebtheit von Erklärvideos gibt es eine Reihe von Autorentools, die sich dem Hauptmedium Video verschrieben haben. Der Fokus liegt hierbei auf Funktionen wie der Aufnahme & Bearbeitung von Videos, Transformation von bestehenden digitalen Lerninhalten in ein Videoformat sowie die Ergänzung von Videos um interaktive Elemente.


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Beispiele für videobasierte Autorentools sind die Autorensysteme Adobe Captivate und Camtasia.


Webseitenbasierte Autorentools

Eine weitere sehr beliebte mediale Präsentationsform, welche von vielen Autorentools zur optischen Aufbereitung und Strukturierung der angelegten Lerninhalte verwendet wird, sind interaktive Single-Page Webseiten.

Die Lernenden bewegen sich häufig durch text- und videobasierte Kursinhalte, indem sie entsprechend dem vertrauten Aufbau von Single-Page Webseiten, von oben nach unten durch eine sich dynamisch verändernde Website geführt werden.

Am Ende eines inhaltlichen Abschnitts werden die Lernenden dann üblicherweise durch ein interaktives Element zum Anfang einer neuen Seite geführt, welche nach demselben Prinzip aufgebaut ist.

Bekannte Vertreter:innen dieser Präsentationsform sind beispielsweise die Autorentools gomo, Elucidat und Adapt.


Appbasierte Autorentools

Diese Präsentationsform umfasst Autorensoftware, die sich auf die Darstellung digitaler Lerninhalte auf mobilen Endgeräten und deren gezielte Aufbereitung fokussiert.

Unter dieser Präsentationsform werden an dieser Stelle sowohl Autorentools mit nativen Apps für mobile Betriebssysteme wie Android und iOS, als auch Autorenwerkzeuge zusammengefasst, die mit hochgradig responsiven Webanwendungen arbeiten, um einem nativen App-Erlebnis sehr nahe zu kommen.

Diese Präsentationsform bietet den Lernenden eine sehr vertraute und zugleich mobile Lernumgebung, welche die Bündelung von multimedialen und interaktiven Lerninhalten in einem besonders flüssigen und sauberen Nutzendenerlebnis ermöglicht.

Vertreter:innen von appbasierten Autorentools, im Sinne von hochresponsiven Webanwendungen, sind beispielsweise Articulate Rise, Knowbly und Evolve. Als Beispiele für Autorentools, die ihren Anwender:innen eine eigene native App für Android und iOS bieten, gilt es hier eSquirrel und thea zu nennen.


Spielbasierte Autorentools

Einige Autorensysteme haben sich auf die Präsentation von E-Learning Inhalten in Form von Spielen spezialisiert. Als Ausgangspunkt dieses Typs von Autorentools ist der didaktische Ansatz von Game-based Learning zu sehen, welcher versucht die motivierenden Mechaniken von digitalen Spielformaten auf kleine Lerneinheiten (Microlearning) oder auch ganze Online-Schulungen zu übertragen.

Beispiele für spielbasierte Autorensysteme sind QuoDeck und Adeptly. Bereits anhand dieser beiden Autorentools zeigt sich, dass der spielbasierte Präsentationsansatz sehr unterschiedlich umgesetzt und ausgestaltet werden kann.


Virtual Reality & Augmented Reality-basierte Autorentools

Aufgrund der recht breiten und mittlerweile vergleichsweise kostengünstigen Verfügbarkeit von mobilen VR (Virtual Reality) - und AR (Augmented Reality) -Technologien, haben sich in den letzten Jahren auch Autorentools im Bereich dieser beiden dreidimensionalen Präsentationsformen entwickelt.

Klar zu unterscheiden sind hier die Ausgangspunkte der beiden räumlichen Visualisierungstechnologien. Ansatzpunkt und Grundlage von VR-Autorentools bilden üblicherweise 360°-Bilder oder -Videos, welche innerhalb des Systems um interaktive Elemente und damit verknüpfte digitale Lerninhalte ergänzt werden.


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AR-Autorentools nutzen hingegen die Echtweltperspektive der Lernenden als Ausgangspunkt. Grundlage hierfür sind üblicherweise Bilderkennungs- oder Standortbestimmungsverfahren. Die Echtweltperspektive kann mithilfe des Autorenwerkzeugs anschließend um interaktive 3D-Modelle erweitert werden, deren einzelne Elemente zusätzlich mit digitalen Lerninhalten verknüpft sind.

Zur Erstellung von VR-Lernerlebnissen eignen sich beispielsweise die Autorentools CenarioVR, Uptale, ShowHow, Cinema8 und StellarX.


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Zur Schaffung von interaktiven AR-Lernerlebnissen kann auf die Autorenwerkzeuge grasp, BUNDLAR, sowie StellarX zurückgegriffen werden.

Einige appbasierte Autorentools, wie beispielsweise thea bieten die Möglichkeit zur individuellen Integration von hochgradig interaktiven AR-Lernerlebnissen auf Anfrage, ermöglichen den Autor:innen selbst jedoch nur die Erstellung von einfach gehaltenen AR-Erweiterungen. Diese Autorentools werden daher an dieser Stelle nicht zu den AR-basierten Autorentools gezählt.



Zusammenfassend lässt sich festhalten:

Im Kontext von digitalen Lerninhalten spricht man bei Autorentools von Software, mit welcher man digitale Lerninhalte bzw. digitale Lernerlebnisse erstellen kann. Im Vergleich zu Learning Management Systemen liegt die Hauptfunktion der Programme in der Erstellung der Inhalte.

Wie genau diese erstellten Lerninhalte am Ende aussehen, hängt von einer Reihe verschiedener Faktoren, wie dem gebotenen Funktionsumfang, den unterstützten Dateiformaten, der individuellen Nutzung, aber auch der zugrunde gelegten Präsentationsform ab.

Für die Lernenden bedeutet das Lernerlebnisse, die über altbekannte und vertraute Formate wie Folienpräsentationen, Erklärvideos oder interaktive Webseiten bis hin zu Lernerlebnissen in nativen Mobile Apps, digitalen Spielen und AR- sowie VR-Lernwelten reichen.